Hier kommt die 5. Ausgabe des FCI-Newsletters, wenn auch etwas später als gewöhnlich. Doch da die 6. Ausgabe auch bereits in Arbeit ist und bald herauskommen wird, werden wir Ihnen wie versprochen sechs Ausgaben pro Jahr liefern können. Gemeinsam mit meinen Kollegen Marie Luna Duran und Yves De Clercq haben wir hart daran gearbeitet, um Sie regelmässig auf dem Laufenden zu halten, was in der Welt der FCI vor sich geht. Als ob der Start eines Newsletters nicht schon genug wäre, galt es zudem, die Feierlichkeiten für das hundertjährige FCI-Jubiläum zu organisieren, deren Höhepunkte in der FCI-Jubiläumsausstellung Champion of Champions und den kürzlich in Brüssel abgehaltenen kynologischen Tagen (Cynological Days) bestanden. In der nächsten Ausgabe werden wir uns ausschliesslich auf dieses Ereignis konzentrieren, mit einem ausführlichen Bericht und vielen Fotos...

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Karl DONVIL
Mitglied des Redaktionsteams der FCI-Newsletter
Europäische Hundeausstellung der FCI. Interview mit Herrn Gerard Jipping als Vorsitzenden des Veranstaltungspräsidiums

- Herr Jipping, ich nehme an, dass ich nicht der erste bin, der Ihnen zu dieser ausgezeichneten Ausstellung gratuliert? Wie beurteilen Sie diese Ausstellung im Rückblick? Hat sie Ihren Erwartungen entsprochen?

Nein, Sie sind nicht der erste Gratulant. Aber ich freue mich natürlich über alle Glückwünsche, die uns erreichen. Ich bin wirklich zufrieden mit allen diesen Gratulationen. Die Glückwünsche treffen noch stets von überall und aus allen kynologischen Ecken der Welt ein. Natürlich bin ich auch darüber erfreut, dass so viele Hundebesitzer und Hundeführer aus ganz Europa während und nach der Ausstellung so zustimmend reagiert haben. Ich blicke zufrieden auf unsere Ausstellung zurück, denn die Zielsetzung war „Qualität vor Quantität“. Angesichts aller der erhaltenen Glückwünsche haben wir dies meines Erachtens erreicht. Und zu meinen Erwartungen ... Ja, wir hatten eine sehr hunde- und menschenfreundliche Ausstellung. Ich möchte allen Ausstellern, Richtern, Sponsoren, Presseleuten, Inhabern von Verkaufsständen, Ring-Stewards, Mitarbeitern sowie meiner Kommission danken. Wir können gemeinsam auf diese erfolgreiche und vorzügliche Europäische Hundeausstellung der FCI zurückblicken.

© Karl Donvil

- Was hat sich über Ihre Erwartungen hinaus als positiv herausgestellt?

Zunächst hatte mir die Grösse der verfügbaren Ausstellungsfläche Sorgen bereitet. Wir haben alles daran gesetzt, um sowohl drinnen als auch draussen möglichst viel Raum für die Tiere, die Menschen und den Transport zu schaffen. Denn es musste auf jeden Fall genügend Bewegungsspielraum geben. Ausserdem mussten die Entfernungen zwischen den Ringen und auch zu den Parkplätzen möglichst kurz gehalten werden. Dabei sollte das alles natürlich nicht auf Kosten der Grösse der Ringe gehen. Und das ist meiner Ansicht nach hervorragend gelungen. Besonders erfreulich war, dass es so zahlreiche Meldungen aus so vielen verschiedenen Ländern gab. Darauf hatte ich gehofft, aber davon konnte ich vorab allerdings nicht ausgehen. Letztendlich sind meine Erwartungen übertroffen worden. Ich bin glücklich, dass mein Wunsch sich erfüllt hat.

- Während Ihre Ausstellung gut verlaufen ist, waren die Inhaber der Verkaufsstände nicht so glücklich wie in Paris. Worin liegt Ihrer Meinung nach der Grund dafür?

Ich gebe zu, dass die Standinhaber nicht besonders zufrieden waren, und ich kann sie gut verstehen. Die Besucher haben an ihren Ständen nicht viel gekauft. Das ist schade, aber so ist das nun mal mit den Geschäften. Manche Dinge kann man einfach nicht in der Hand haben. Wir haben das Bestmögliche getan, um möglichst viele Besucher anzuziehen. Dazu haben wir Anzeigen, Fernseh- und Radiowerbung geschaltet. Ausserdem haben wir eine Hundeparade in den Strassen von Leeuwarden abgehalten und sogar Läden dekoriert. Auch während der Ausstellung haben wir versucht, die Besucher mit Hilfe verschiedener Aktionen, wie „Happy Hour“ in die Verkaufshalle zu dirigieren. Aber vielleicht sollten wir zu diesem Problem in Zukunft einmal ein Brainstorming durchführen, damit auch die Händler mit einem zufriedenstellenden Umsatz nach Hause gehen können.

- Die Anzahl der teilnehmenden Hunde war etwas enttäuschend. Hatten Sie das erwartet?

Wir hatten gehofft, dass dies nicht so sein würde, aber wir haben es befürchtet. Das Jahr 2011 war gefüllt mit Ausstellungen, insbesondere mit grossen, internationalen. Als wir das Datum von Juli auf September verschieben mussten, haben wir damit gerechnet. Wir waren zum Umdisponieren gezwungen, weil die Welthundeausstellung vom Oktober auf den Monat Juli vorverlegt wurde. Eigentlich war die Europaausstellung im Juli geplant. So blieb für uns nur noch die Möglichkeit, unsere Ausstellung am ersten Septemberwochenende durchzuführen, gleich nach den Sommerferien und ziemlich dicht hinter der Welthundeausstellung.

- Ich nehme an, dass Sie angesichts der geografischen Lage von Leeuwarden auf die Beteiligung der skandinavischen Länder und Deutschland gerechnet hatten. Stimmt das?

Nein, wir haben nicht nur die Nachbarländer im Auge gehabt. Wir wollten Hunde aus ganz Europa. Es ist doch eine europäische Hundeausstellung, und es war die Ausstellung zur Feier des 100. Jubiläums der FCI. Darum war die Liste der Richter besonders „europäisch“, ja und sogar „international“. Es gab Richter aus allen Kontinenten und die meisten FCI-Länder waren durch einen Richter vertreten. Das hat sich am Ergebnis gezeigt, wir hatten Hunde aus 47 verschiedenen Ländern. Das ist einmalig!! Aber die von Ihnen genannten Länder gehörten zu den zehn mit den höchsten Meldungen. An erster Stelle lagen die Niederlande mit 2.804 Hunden, dann überraschend Russland auf dem zweiten Platz mit 1.652 und Deutschland mit 779 Meldungen.

- In mancherlei Hinsicht war Ihre Ausstellung beispielhaft. Was war das schönste Lob, das Sie bekommen haben?

Schon dass Sie mir hier jetzt sagen „In mancherlei Hinsicht war Ihre Ausstellung beispielhaft“ ist für mich eine grosse Ehre. Bereits bei den Vorbereitungen zu dieser Ausstellung bin ich davon ausgegangen, dass es wie bei allen europäischen Hundeausstellungen Fehler und Mängel geben wird. Aber wir haben immer dazu gestanden und waren zu Verbesserungen bereit. Während der Vorbereitungen haben wir die früheren europäischen und Weltausstellungen gründlich daraufhin untersucht, was gut und was schlecht gelaufen ist. Wir haben versucht, die positiven Elemente zu übernehmen und die Unzulänglichkeiten nach Möglichkeit zu vermeiden. Auch noch im Laufe der Veranstaltung haben wir Verbesserungsvorschläge aufgegriffen um Probleme zu lösen. Und genau dafür haben wir viel Lob erhalten. Aber ich muss die vielen anerkennenden Worte an alle diejenigen weiterleiten, die diese Ausstellung zu dem gemacht haben, was sie geworden ist. Und jetzt einige persönliche Worte an die Presse ... meine Anerkennung! Sie haben meine Hoffnung und Erwartungen wahr werden lassen. Sie waren sehr professionell und haben uns passende Tipps gegeben, so dass wir zusammen bessere Ergebnisse erzielen konnten. Wir haben uns über jedes Lob gefreut, ob es nun klein oder gross war. Damit erhalten alle Mitwirkenden die ihnen gebührende Wertschätzung. Das gilt insbesondere für diejenigen, die vor und während der Ausstellung alles unsichtbar hinter den Kulissen geregelt haben.

© Karl Donvil

- Welchen Rat möchten Sie Rumänien geben? Was können Sie empfehlen?

Man sollte seine Schlüsse aus den von den anderen gemachten Vorerfahrungen ziehen und alles stets unter dem Blickwinkel des Hundes und der Hundeführer betrachten. Aber ich bin davon überzeugt, dass das in Rumänien bereits so gehandhabt wird. Während unserer Ausstellung haben wir die rumänischen Organisatoren mit nach hinten genommen. Dort konnten sie selbst sehen, was reibungslos ablief und wo Probleme behoben werden mussten. Diese Art und Weise der gemeinsamen Vorbereitungen erscheint mir sehr wichtig. Man muss in der Lage sein können, um eine grosse Veranstaltung wie eine europäische oder eine Weltausstellung zu organisieren. Aber vor allem müssen die Hunde die Nutzniesser dieser Zusammenarbeit sein und das Ansehen unserer Hunde in der Gesellschaft muss gefördert werden.

- Wie war das Echo in den nationalen Medien?

Die Medien waren gut vertreten, vor allem die Regionalmedien. Viele Fernseh- und Radiosender haben eine positive Berichterstattung von der Ausstellung geliefert. Darüber waren wir natürlich erfreut, denn meistens finden negative Vorkommnisse grössere Aufmerksamkeit.

- Ich habe die traurige Nachricht vernommen, dass vier Hunde tot in Autos auf dem Parkplatz aufgefunden wurden. Um der Entstehung von Gerüchten entgegenzutreten, möchte ich gern von Ihnen hören, was wirklich passiert ist.

Es sind tatsächlich drei Hunde gestorben, aber weder auf der Ausstellung, noch auf dem Parkplatz. Wir haben davon im Nachhinein aus den Medien erfahren (am Montagmorgen). Und wie meistens entwickeln die Pressegeschichten ein eigenes Leben, das sich unserer Kontrolle entzieht. Im Verlaufe unserer gesamten Veranstaltung standen zu allen Tageszeiten vier Tierärzte in Bereitschaft. Damit waren wir also auf missliche Situationen vorbereitet. Ich bin froh, dass auf der Ausstellung selbst keine unerfreulichen Ereignisse aufgetreten sind. Aber was ich absolut nicht verstehen kann, ist, dass manche Aussteller ihre Hunde so unverantwortlich lange im Auto auf dem Parkplatz gelassen haben. Wir haben darauf in guter und enger Zusammenarbeit mit Polizei und Tierärzten schnell und angemessen reagiert, so dass kein Hund durch Hitzschlag zu Tode gekommen ist. Aber zurück zu den drei Hunden, die gestorben sind. Wir als Organisatoren der Ausstellung können dazu nichts weiter sagen als das, was wir in unserer Erklärung bereits geäussert haben. Diese Erklärung stützt sich auf die Angaben eines örtlichen Tierarztes aus Leeuwarden. Also, wir können dazu keine Beurteilung abgeben. Aber egal, wie die Hunde gestorben sind, das hätte keinesfalls passieren dürfen. Als Organisatoren und Hundeeigentümer müssen wir gut auf unsere Hunde aufpassen, ganz allgemein und insbesondere auf den Ausstellungen.

© Karl Donvil

- Sie konnten sich auf ein eingespieltes Team stützen. Alles wurde zeitnah geregelt und gelöst. Sie waren offen für Vorschläge, auch wenn Sie dadurch von der ursprünglichen Planung abweichen mussten. Ich glaube, dadurch sind gute Entscheidungen getroffen worden und es ist kein Chaos entstanden. War das hierarchische Delegieren der Aufgaben innerhalb der Gruppe vereinbart?

Man kann nur gut organisieren, wenn man sich auf ein eingespieltes Team stützen kann. Wenn alle Mitglieder des Teams bereitwillig sind und jeder Einzelne sich selbst verantwortlich fühlt. Ich bin echt stolz auf unser Team, denn zusammen haben wir unser Ziel erreicht. Die Europäische Hundeausstellung 2011 in den Niederlanden wird als gelungene Ausstellung in die Annalen eingehen. Ich möchte deswegen hier die Gelegenheit ergreifen, um allen Mitwirkenden herzlich zu danken mit den Worten: „Friends, we did it!!!“.

- Für wann dürfen wir eine neue Kandidatur der Niederlande für die Ausrichtung einer Welt- oder europäische Hundeausstellung erwarten?

Als niederländischer Kennel Club haben wir bewiesen, dass wir in der Lage sind, Ausstellungen dieser Grösse zu organisieren. Aber wann wir das wieder tun werden? ... das werden wir zu gegebener Zeit bekannt geben.

Vielen Dank für das Interview.

Interview by Karl DONVIL