Europäische Hundeausstellung der FCI. Interview mit Herrn Gerard Jipping als Vorsitzenden
des Veranstaltungspräsidiums
- Herr Jipping, ich nehme an, dass ich nicht der erste bin, der Ihnen zu dieser
ausgezeichneten Ausstellung gratuliert? Wie beurteilen Sie diese Ausstellung im
Rückblick? Hat sie Ihren Erwartungen entsprochen?
Nein, Sie sind nicht der erste Gratulant. Aber ich freue mich natürlich über alle
Glückwünsche, die uns erreichen. Ich bin wirklich zufrieden mit allen diesen Gratulationen.
Die Glückwünsche treffen noch stets von überall und aus allen kynologischen Ecken
der Welt ein. Natürlich bin ich auch darüber erfreut, dass so viele Hundebesitzer
und Hundeführer aus ganz Europa während und nach der Ausstellung so zustimmend reagiert
haben. Ich blicke zufrieden auf unsere Ausstellung zurück, denn die Zielsetzung
war „Qualität vor Quantität“. Angesichts aller der erhaltenen Glückwünsche haben
wir dies meines Erachtens erreicht. Und zu meinen Erwartungen ... Ja, wir hatten
eine sehr hunde- und menschenfreundliche Ausstellung. Ich möchte allen Ausstellern,
Richtern, Sponsoren, Presseleuten, Inhabern von Verkaufsständen, Ring-Stewards,
Mitarbeitern sowie meiner Kommission danken. Wir können gemeinsam auf diese erfolgreiche
und vorzügliche Europäische Hundeausstellung der FCI zurückblicken.
© Karl Donvil
- Was hat sich über Ihre Erwartungen hinaus als positiv herausgestellt?
Zunächst hatte mir die Grösse der verfügbaren Ausstellungsfläche Sorgen bereitet.
Wir haben alles daran gesetzt, um sowohl drinnen als auch draussen möglichst viel
Raum für die Tiere, die Menschen und den Transport zu schaffen. Denn es musste auf
jeden Fall genügend Bewegungsspielraum geben. Ausserdem mussten die Entfernungen
zwischen den Ringen und auch zu den Parkplätzen möglichst kurz gehalten werden.
Dabei sollte das alles natürlich nicht auf Kosten der Grösse der Ringe gehen. Und
das ist meiner Ansicht nach hervorragend gelungen. Besonders erfreulich war, dass
es so zahlreiche Meldungen aus so vielen verschiedenen Ländern gab. Darauf hatte
ich gehofft, aber davon konnte ich vorab allerdings nicht ausgehen. Letztendlich
sind meine Erwartungen übertroffen worden. Ich bin glücklich, dass mein Wunsch sich
erfüllt hat.
- Während Ihre Ausstellung gut verlaufen ist, waren die Inhaber der Verkaufsstände
nicht so glücklich wie in Paris. Worin liegt Ihrer Meinung nach der Grund dafür?
Ich gebe zu, dass die Standinhaber nicht besonders zufrieden waren, und ich kann
sie gut verstehen. Die Besucher haben an ihren Ständen nicht viel gekauft. Das ist
schade, aber so ist das nun mal mit den Geschäften. Manche Dinge kann man einfach
nicht in der Hand haben. Wir haben das Bestmögliche getan, um möglichst viele Besucher
anzuziehen. Dazu haben wir Anzeigen, Fernseh- und Radiowerbung geschaltet. Ausserdem
haben wir eine Hundeparade in den Strassen von Leeuwarden abgehalten und sogar Läden
dekoriert. Auch während der Ausstellung haben wir versucht, die Besucher mit Hilfe
verschiedener Aktionen, wie „Happy Hour“ in die Verkaufshalle zu dirigieren. Aber
vielleicht sollten wir zu diesem Problem in Zukunft einmal ein Brainstorming durchführen,
damit auch die Händler mit einem zufriedenstellenden Umsatz nach Hause gehen können.
- Die Anzahl der teilnehmenden Hunde war etwas enttäuschend. Hatten Sie das erwartet?
Wir hatten gehofft, dass dies nicht so sein würde, aber wir haben es befürchtet.
Das Jahr 2011 war gefüllt mit Ausstellungen, insbesondere mit grossen, internationalen.
Als wir das Datum von Juli auf September verschieben mussten, haben wir damit gerechnet.
Wir waren zum Umdisponieren gezwungen, weil die Welthundeausstellung vom Oktober
auf den Monat Juli vorverlegt wurde. Eigentlich war die Europaausstellung im Juli
geplant. So blieb für uns nur noch die Möglichkeit, unsere Ausstellung am ersten
Septemberwochenende durchzuführen, gleich nach den Sommerferien und ziemlich dicht
hinter der Welthundeausstellung.
- Ich nehme an, dass Sie angesichts der geografischen Lage von Leeuwarden auf die
Beteiligung der skandinavischen Länder und Deutschland gerechnet hatten. Stimmt
das?
Nein, wir haben nicht nur die Nachbarländer im Auge gehabt. Wir wollten Hunde aus
ganz Europa. Es ist doch eine europäische Hundeausstellung, und es war die Ausstellung
zur Feier des 100. Jubiläums der FCI. Darum war die Liste der Richter besonders
„europäisch“, ja und sogar „international“. Es gab Richter aus allen Kontinenten
und die meisten FCI-Länder waren durch einen Richter vertreten. Das hat sich am
Ergebnis gezeigt, wir hatten Hunde aus 47 verschiedenen Ländern. Das ist einmalig!!
Aber die von Ihnen genannten Länder gehörten zu den zehn mit den höchsten Meldungen.
An erster Stelle lagen die Niederlande mit 2.804 Hunden, dann überraschend Russland
auf dem zweiten Platz mit 1.652 und Deutschland mit 779 Meldungen.
- In mancherlei Hinsicht war Ihre Ausstellung beispielhaft. Was war das schönste
Lob, das Sie bekommen haben?
Schon dass Sie mir hier jetzt sagen „In mancherlei Hinsicht war Ihre Ausstellung
beispielhaft“ ist für mich eine grosse Ehre. Bereits bei den Vorbereitungen zu dieser
Ausstellung bin ich davon ausgegangen, dass es wie bei allen europäischen Hundeausstellungen
Fehler und Mängel geben wird. Aber wir haben immer dazu gestanden und waren zu Verbesserungen
bereit. Während der Vorbereitungen haben wir die früheren europäischen und Weltausstellungen
gründlich daraufhin untersucht, was gut und was schlecht gelaufen ist. Wir haben
versucht, die positiven Elemente zu übernehmen und die Unzulänglichkeiten nach Möglichkeit
zu vermeiden. Auch noch im Laufe der Veranstaltung haben wir Verbesserungsvorschläge
aufgegriffen um Probleme zu lösen. Und genau dafür haben wir viel Lob erhalten.
Aber ich muss die vielen anerkennenden Worte an alle diejenigen weiterleiten, die
diese Ausstellung zu dem gemacht haben, was sie geworden ist. Und jetzt einige persönliche
Worte an die Presse ... meine Anerkennung! Sie haben meine Hoffnung und Erwartungen
wahr werden lassen. Sie waren sehr professionell und haben uns passende Tipps gegeben,
so dass wir zusammen bessere Ergebnisse erzielen konnten. Wir haben uns über jedes
Lob gefreut, ob es nun klein oder gross war. Damit erhalten alle Mitwirkenden die
ihnen gebührende Wertschätzung. Das gilt insbesondere für diejenigen, die vor und
während der Ausstellung alles unsichtbar hinter den Kulissen geregelt haben.
© Karl Donvil
- Welchen Rat möchten Sie Rumänien geben? Was können Sie empfehlen?
Man sollte seine Schlüsse aus den von den anderen gemachten Vorerfahrungen ziehen
und alles stets unter dem Blickwinkel des Hundes und der Hundeführer betrachten.
Aber ich bin davon überzeugt, dass das in Rumänien bereits so gehandhabt wird. Während
unserer Ausstellung haben wir die rumänischen Organisatoren mit nach hinten genommen.
Dort konnten sie selbst sehen, was reibungslos ablief und wo Probleme behoben werden
mussten. Diese Art und Weise der gemeinsamen Vorbereitungen erscheint mir sehr wichtig.
Man muss in der Lage sein können, um eine grosse Veranstaltung wie eine europäische
oder eine Weltausstellung zu organisieren. Aber vor allem müssen die Hunde die Nutzniesser
dieser Zusammenarbeit sein und das Ansehen unserer Hunde in der Gesellschaft muss
gefördert werden.
- Wie war das Echo in den nationalen Medien?
Die Medien waren gut vertreten, vor allem die Regionalmedien. Viele Fernseh- und
Radiosender haben eine positive Berichterstattung von der Ausstellung geliefert.
Darüber waren wir natürlich erfreut, denn meistens finden negative Vorkommnisse
grössere Aufmerksamkeit.
- Ich habe die traurige Nachricht vernommen, dass vier Hunde tot in Autos auf dem
Parkplatz aufgefunden wurden. Um der Entstehung von Gerüchten entgegenzutreten,
möchte ich gern von Ihnen hören, was wirklich passiert ist.
Es sind tatsächlich drei Hunde gestorben, aber weder auf der Ausstellung, noch auf
dem Parkplatz. Wir haben davon im Nachhinein aus den Medien erfahren (am Montagmorgen).
Und wie meistens entwickeln die Pressegeschichten ein eigenes Leben, das sich unserer
Kontrolle entzieht. Im Verlaufe unserer gesamten Veranstaltung standen zu allen
Tageszeiten vier Tierärzte in Bereitschaft. Damit waren wir also auf missliche Situationen
vorbereitet. Ich bin froh, dass auf der Ausstellung selbst keine unerfreulichen
Ereignisse aufgetreten sind. Aber was ich absolut nicht verstehen kann, ist, dass
manche Aussteller ihre Hunde so unverantwortlich lange im Auto auf dem Parkplatz
gelassen haben. Wir haben darauf in guter und enger Zusammenarbeit mit Polizei und
Tierärzten schnell und angemessen reagiert, so dass kein Hund durch Hitzschlag zu
Tode gekommen ist. Aber zurück zu den drei Hunden, die gestorben sind. Wir als Organisatoren
der Ausstellung können dazu nichts weiter sagen als das, was wir in unserer Erklärung
bereits geäussert haben. Diese Erklärung stützt sich auf die Angaben eines örtlichen
Tierarztes aus Leeuwarden. Also, wir können dazu keine Beurteilung abgeben. Aber
egal, wie die Hunde gestorben sind, das hätte keinesfalls passieren dürfen. Als
Organisatoren und Hundeeigentümer müssen wir gut auf unsere Hunde aufpassen, ganz
allgemein und insbesondere auf den Ausstellungen.
© Karl Donvil
- Sie konnten sich auf ein eingespieltes Team stützen. Alles wurde zeitnah geregelt
und gelöst. Sie waren offen für Vorschläge, auch wenn Sie dadurch von der ursprünglichen
Planung abweichen mussten. Ich glaube, dadurch sind gute Entscheidungen getroffen
worden und es ist kein Chaos entstanden. War das hierarchische Delegieren der Aufgaben
innerhalb der Gruppe vereinbart?
Man kann nur gut organisieren, wenn man sich auf ein eingespieltes Team stützen
kann. Wenn alle Mitglieder des Teams bereitwillig sind und jeder Einzelne sich selbst
verantwortlich fühlt. Ich bin echt stolz auf unser Team, denn zusammen haben wir
unser Ziel erreicht. Die Europäische Hundeausstellung 2011 in den Niederlanden wird
als gelungene Ausstellung in die Annalen eingehen. Ich möchte deswegen hier die
Gelegenheit ergreifen, um allen Mitwirkenden herzlich zu danken mit den Worten:
„Friends, we did it!!!“.
- Für wann dürfen wir eine neue Kandidatur der Niederlande für die Ausrichtung einer
Welt- oder europäische Hundeausstellung erwarten?
Als niederländischer Kennel Club haben wir bewiesen, dass wir in der Lage sind,
Ausstellungen dieser Grösse zu organisieren. Aber wann wir das wieder tun werden?
... das werden wir zu gegebener Zeit bekannt geben.
Vielen Dank für das Interview.
Interview by Karl DONVIL